Bei der Anthroposophischen Kunsttherapie ist der Prozess des schöpferischen Gestaltens selbst in Analogie zu innerlichen Umgestaltungsprozessen das therapeutisch Wirksame.
Nach anthroposophischem Verständnis geschieht die Entstehung und „Organisation“ der Natur – und damit auch des Menschen – im Wechselspiel bestimmter Kräfte und Gesetzmäßigkeiten von Rhythmus, Struktur, Polarität, Verdichtung, Auflösung, Ausrichtung, Aufbau, Abbau, Schöpfung, Zerstörung etc.
Die gleichen Gesetzmäßigkeiten und Kräfte sind auch im künstlerischen Gestaltungsprozess wirksam, z.B. beim Malen eines Bildes.
Die individuelle intuitive „Wahl“ dieser Elemente durch den Malenden wird als Ausdruck der inneren, leiblich-seelischen Prozessen verstanden, die in ihm wirksam sind.
So zeigen sich auch bestimmte Krankheitsdynamiken (z.B. die Tendenz zur Auflösung bei entzündlichen Erkrankungen) in dem entsprechenden Tendenzen im gemalten Bild (z.B. eine Neigung zur Auflösung der Bild-Strukturen).
Nun sind die seelisch-leiblichen Vorgängen und deren Entsprechung im Gestaltungsprozess wechselseitig beeinflussbar. So prägen nicht nur die inneren Prozesse die Gestaltung, sondern der künstlerische Gestaltungsprozess kann auch auf die psychosomatische Organisation des Menschen einwirken.
Hier setzt der kunsttherapeutischen Prozess an: nachdem sich z.B. im Bild gezeigt hat, welche Disharmonien, Ungleichgewichte, Einseitigkeiten und Potenziale grade im Menschen und seinen Schwierigkeiten wirksam sind, wird versucht, destruktiven Tendenzen durch entsprechende künstlerisch-gestalterische Übungen entgegen zu wirken und konstruktive zu fördern, sodass ein neues – heilsameres – Gleichgewicht entstehen kann.
In meiner therapeutischen Arbeit spielen anthroposophisch-kunsttherapeutische Ansätze insbesondere bei der Arbeit mit psycho-somatischen Erkrankungen und der seelischen Verarbeitung und Integration von Schicksalsschlägen, z.B. schweren Diagnosen eine Rolle.